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29.06.2001 · IWW-Abrufnummer 010614

Landgericht Hannover: Urteil vom 21.03.2001 – 23 O 3005/00 - 83 -

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Landgericht Hannover

23 O 3005/00-83-

verkündet am:

21. März 2001

Urteil

Im Namen des Volkes!

In dem Rechtsstreit ...
wegen Ausgleichsansprüchen des Handelsvertreters
hat die 3. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Hannover ...
für Recht erkannt:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleitung oder Hinterlegung in Höhe von 7.000,00 DM vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Der Kläger war vom 1. Juli 1986 bis zum 31. März 1999 für die Beklagte aufgrund des Handelsvertretervertrages vom 28. Juli 1986 mit Folgevertrag vom 24. Oktober 1995 als selbständiger Bausparkassen- und Versicherungsvertreter tätig, im Rahmen dessen er Bausparverträge, Finanz- und Versicherungsprodukte der ... vermittelte. Auf die Handelsvertreterverträge sowohl vom 28. Juli 1986 (Blatt 23 - 28 d. A.) als auch vom 24. Oktober 1995 (Blatt 118 - 120 d. A.) wird Bezug genommen. Die Anlagen zum Handelsvertretervertrag vom 24. Oktober 1995 sind im vorliegenden Rechtsstreit von keiner der Parteien vorgelegt worden. Sie wurden allerdings in dem Rechtsstreit ..., den die Parteien des vorliegenden Verfahrens ebenfalls vor dem Landgericht Hannover führen, von der (auch dortigen) Beklagten zu den Akten gegeben und von der Beklagten ohne Widerspruch des Klägers als die Anlagen zum Handelsvertretervertrag vom 24. Oktober 1995 bezeichnet. Auf diese Anlagen in einem gesonderten Hefter der Verfahrensakten ... wird ebenfalls Bezug genommen. Nur von der Beklagten in dem vorgenannten Verfahren ... wurde auch die Anlage 11 zum Handelsvertretervertrag aktenkundig gemacht. Sie findet sich auf den Blättern 289 - 294 der Akten .... In jedem Verfahren ist zwischen den dortigen Parteien unstreitig geblieben, daß die Anlage 11 zum Handelsvertretervertrag irrtümlicherweise als "Anlage 2" bezeichnet worden ist. Das Dokument trägt das Datum des 16. September 1987. In diesem Dokument werden dem Namen des Klägers unter der sogenannten VGE-Nr. ... und der sogenannten Werbegebiets-Nr. ... zum einen verschiedene Unternehmen bzw. Dienststellen in ..., im übrigen und zahlenmäßig überwiegend bestimmte Straßennamen in der Stadt ... sowie mehrere Ortsnamen im Kreis ... zugeordnet. Auch hierauf wird Bezug genommen.

§ 3 des Handelsvertretervertrages zwischen den Parteien in der Fassung vom 24. Oktober 1995 hat u. a. folgenden Wortlaut:
"§ 3
Werbegebiet

Das Werbegebiet des Bezirksleiters ergibt sich aus der jeweils gültigen Anlage 11 dieses Vertrages. Der Bezirksleiter übernimmt das Werbegebiet im Regelfall mit Vertragsbeginn. Falls betriebliche Gründe es erfordern, behält sich ... vor, das Werbegebiet zu verändern, wobei die beiderseitigen Interessen zu berücksichtigen sind.

...

4. Eine aktive Werbung sowie Kunden- und Interessentenansprache ist dem Bezirksleiter ausschließlich in seinem Werbegebiet gestattet. Er darf nur dann außerhalb seines Werbegebietes die nach diesem Vertrag zulässigen Geschäfte vermitteln, wenn zwischen ihm und dem Antragsteller entweder nachweisbare persönliche Beziehungen vorhanden sind oder wenn er nachweist, daß das Geschäft aufgrund der Empfehlung aus seinem Werbegebiet zustande gekommen ist, und im übrigen die Gefahr besteht, daß das Geschäft für die ...-Gruppe verloren geht. ..."

Mit Schreiben vom 17. August 1990 (Blatt 128 d. A.) hatte die Beklagte allen Bezirksleitern zugesichert, daß deren originäre Werbegebiete, deren räumliche Grenzen sich jeweils aus der Anlage 11 zum Handelsvertretervertrag ergeben, unberührt bleiben. Das Schreiben der Beklagten vom 18. August 1990 hat u. a. folgenden Wortlaut:

"...

Der Finanzdienstleistungsmarkt der 90er Jahre erfordert von erfolgreichen Anbietern u. a. hohe Beratungskompetenz und gute Erreichbarkeit. Diese Qualitätsansprüche wollen wir gemeinsam mit Ihnen auch in der Zukunft erfüllen. Dabei spielt die angemessene Dichte unserer Vertriebsorganisation eine wichtige Rolle. Im Vergleich der Kunden- und Marktpotentiale haben wir festgestellt, daß wir noch nicht überall eine angemessene Vertriebsdichte erreicht haben. Eine wünschenswerte und notwendige Vertriebsdichte wollen wir behutsam und sukzessive umsetzen - ohne in Ihr Werbegebiet einzugreifen!

Mit dem Verband der Handelsvertreter beim ... wurde abgestimmt, daß eine Verdichtung des ... Vertriebes nur im Zuschnitt unbesetzter, d. h. einem BL vertraglich nicht zugeordneter Gebiete erfolgen wird. Mit dieser Zusage wollen wir die von Ihnen erbrachte Aufbauarbeit anerkennen und die Kontinuität in der personellen Zuständigkeit wahren. Die Grenzen Ihres originären Werbegebietes bleiben also unberührt. Diese Zusage gilt unbefristet bis zum Ende Ihres BL-Vertrages. Darüber hinaus versteht es sich, daß wie bisher Struktur und Stärke des Unterbaus in allen Werbegebieten naturgemäß ständigen Anpassungen unterworfen sind.

Mit vorstehenden Ausführungen und Zusagen wollen wir zu einer weiteren vertrauensvollen, erfolgreichen und langfristigen Zusammenarbeit beitragen.

..."

Mit Wirkung zum 1. September 1998 kam es zu einer Veränderung im Werbegebiet des Klägers. Während in der monatlichen Provisionsabrechnung für den Monat August 1998 ... als "Jahresanfangsbestand 1998" die Zahl "2285" angegeben war, veränderte sich diese Zahl in der Provisionsabrechnung für den Monat September 1998 ... in die Zahl "2157". Der durch diese Zahlenveränderung ausgedrückte genaue Sachverhalt, die Umstände, die zu ihm führten, ein etwa von der Beklagten mit dem Kläger hergestellter Konsens über den der Zahlenveränderung zugrunde liegenden Sachverhalt und die etwaige rechtliche Bedeutung dieses Sachverhalts für das Rechtsverhältnis der Parteien sind zwischen dem Kläger und der Beklagten streitig. Der Kläger sieht in dem Sachverhaltskomplex und dem ihm zugrundeliegenden Verhalten der Beklagten einen ausgleichsanspruchserhaltenden begründeten Anlaß (§ 89 b Abs. 3 Nr. 1 HGB) für die von ihm, dem Kläger, mit Schreiben vom 11. Februar 1999 ... zum 30. März 1999 ausgesprochene Kündigung des Handelsvertretervertrages mit der Beklagten. Die Beklagte nahm die Kündigung des Klägers durch das Schreiben vom 19. Februar 1999 ... an, wies jedoch einen von ihr zu verantwortenden Kündigungsanlaß für den Kläger zurück.

In seinem Kündigungsschreiben vom 11. Februar 1999 hatte sich der Kläger zu einem Telefongespräch mit dem Mitarbeiter ... der Beklagten wie folgt geäußert:

"... Bei diesen Gegebenheiten wiegt es besonders schwer, daß Sie mir förmlich die Pistole in der Form auf die Brust zu setzen versuchten, indem Sie mich aufforderten, am 29.01.99 bis zum 11:00 Uhr des gleichen Tages zu äußern, ob ich die Bestandsentwicklungsprämie nehme oder aber die Nachzahlung der Provisionen, die Dritte in meinen Beständen in den letzten fünf Monaten erwirtschaftet haben. ..."

Das Erwiderungsschreiben der Beklagten vom 19. Februar 1999 enthält insoweit folgende Darstellung:

"...

3. Die Wiedergabe der zwischen Ihnen und dem Rechtsunterzeichner am 28.01. und 29.01.1999 geführten Telefonate entspricht nicht den Tatsachen. Sie erhielten die Zusage, daß bei einem entsprechenden Wunsch Ihrerseits, die Gebietsänderung vollständig rückabgewickelt wird und Sie somit auch die Kunden mit eventuell in der Zwischenzeit abgeschlossenen Folgeverträgen zurückerhalten. Lediglich für die aus dieser Zeit resultierenden Folgegeschäfte, wurde Ihnen die Möglichkeit aufgezeigt, die sich daraus ergebenden Superprovisionen pauschal sowie auch kulant abzugelten.

..."

Mit anwaltlichem Schreiben vom 1. Juni 1999 ... machte der Kläger sodann einen Ausgleichsanspruch gegen die Beklagte in Höhe von 204.543,46 DM geltend, den die Beklagte durch das Schreiben vom 13. Juli 1999 ... zurückwies.

Kurze Zeit nachdem die Beklagte den Ausgleichsanspruch des Klägers vorprozessual zurückgewiesen hatte, forderte der Kläger die Beklagten zur Erteilung eines umfangreichen Buchauszuges auf. Dieses Begehren des Klägers ist inzwischen Gegenstand des Rechtsstreits ....

Der Kläger behauptet, die Änderung seines Werbegebietes, die ohne sein Wissen und seine Zustimmung erfolgt sei, sowie den Entzug von 128 Bausparern durch Zufall entdeckt zu haben. Weil eine in der Folgezeit betriebene Klärung dieses Vorfalls erfolglos verlaufen sei, habe er sich wegen der massiven Vertrauensstörung zu einer Kündigung des Handelsvertretervertrages gezwungen gesehen. Wegen der Berechnung des Ausgleichsanspruches des Klägers im einzelnen wird auf die Ziffern 2 - 4 seines Schriftsatzes vom 3. Juli 2000 ... Bezug genommen.

Von dem Ausgleichsbetrag in Höhe von 204.543,26 DM sei auch kein Abzug vorzunehmen, etwa weil der Kläger von der Beklagten die Leistungen für die Altersversorgung erhalten habe. Zum einen falle nämlich der Versorgungsfall und die Beendigung des Handelsvertretervertrages zeitlich zu weit auseinander, zum anderen seien diese Leistungen in der Form eines erfolgsabhängigen Leistungszuschlags gewährt worden. Im übrigen wolle der Unternehmer in der Regel mit der Zusage einer Altersversorgung den Handelsvertreter belohnen und an sich binden. Dem stehe auch nicht § 13 Ziffer 6 des Vertrages entgegen, der den Barwert der Altersversorgung auf den Ausgleichsanspruch voll anrechnen will, da diese Regelung wegen Verstoßes gegen das Gesetz über die Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam sei.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, ihm 204.543,26 DM nebst 5 % Zinsen seit dem 01.April 1999 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise, ihr Vollstreckungsschutz zu gewähren.

Die Beklagte meint, sie habe dem Kläger keinen begründeten Anlaß zu seiner Kündigung gegeben. Nachdem sich der Rang des Klägers im sogenannten "Club der Besten", der der Motivation der Handelsvertreter diene und mit dem besondere Annehmlichkeiten zusammenhingen, verschlechtert hatte und infolge dessen eine Überprüfung des Werbegebietes des Klägers vorgenommen worden sei, habe die Beklagte entdeckt, daß dem Kläger irrtümlich zwei statistische statt einem statistischen Werbegebiet zugewiesen worden seien. Dadurch habe der Kläger seinerzeit in seinem statistischen Werbegebiet mit der Nr. ... 86 Sparer ausweislich der "Wohnsitz-Organisation" ... zu viel erhalten. Die vom Kläger angegebenen 128 Bausparer resultierten daraus, das die Zu- und Abgänge im Monat August 1998 noch nicht berücksichtigt worden waren. Die Korrektur des Fehlers zum 1. September 1998 in Absprache mit dem Kläger habe zur Folge gehabt, daß lediglich 86 Bausparer einem anderen Handelsvertreter zugeordnet worden seien. Daraufhin sei der Kläger in der Rangfolge des "Clubs der Besten" aufgerückt. Dennoch habe er mit Schreiben vom 23. Dezember 1998 die Rückgängigmachung der Korrektur gefordert, offensichtlich, weil ihm ansonsten eine niedrigere Bestandsentwicklungsprämie zugestanden hätte.

Der Kläger habe jedoch keinen Anspruch auf die Zuordnung eines ihm irrtümlich zugeordneten Gebietes und zwar weder nach einer vertraglichen Vereinbarung noch aufgrund einer entsprechenden Duldung. Im Januar 1999 habe die Beklagte dem Kläger dennoch angeboten, ihm die fraglichen Bausparer wieder zuzuordnen. Eine einverständliche Regelung sei aber nicht mehr möglich gewesen, denn der Kläger habe bereits nach einem Vorwand gesucht, sich aus dem Vertragsverhältnis zu lösen und dabei den Ausgleichsanspruch nicht zu verlieren, weil er sich einer anderen beruflichen Aufgabe, der Leitung eines von ihm gekauften Hotelbetriebes, widmen wollte. Darum habe er die Neuordnung des Werbegebietes als Anlaß zur Kündigung genommen und nicht etwa auf die ihm angebotene Rückabwicklung der Gebietsveränderung reagiert. Die gegenüber allen Bezirksleitern abgegebene Zusage vom 17. August 1990, Werbegebiete nicht zu verändern, sei ein Informationsschreiben an die Außendienstmitarbeiter gewesen. Keineswegs enthalte es eine Zusage an den Kläger oder eine vertragliche Vereinbarung mit diesem. Im Gegenteil gelte nach wie vor § 3 Ziffer 1 des Handelsvertretervertrages bezüglich der Veränderung des Werbegebietes. So sei in der Vergangenheit das Werbegebiet des Klägers mehrfach verändert worden, weshalb dieser auch eine Ausgleichsforderung geltend gemacht und erhalten habe.

Im übrigen habe die Beklagte im Zeitraum vom 1. September 1998 bis 23. Dezember 1998 lediglich einen Bausparvertrag mit den fraglichen Bausparern abgeschlossen. Ungeachtet dessen, daß der vom Kläger errechnete Ausgleichsanspruch diesem schon dem Grunde nach nicht zustehe, stehe ihm dieser auch der Höhe nach nicht zu. Gemäß § 13 Ziffer 6 des Vertrages seien die "Grundsätze zur Errechnung des Ausgleichsanspruchs im Baufinanzierungs- und Lebensversicherungsbereich" auch auf den Bereich "Bausparen" anwendbar. Darüber hinaus lege der Kläger im Rahmen der Ausnahmerechtsprechung des Bundesgerichtshofes zum Ausgleichsanspruch der Handelsvertreter nicht schlüssig dar, welche von ihm vermittelten Bausparverträge in einem engen wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, sondern behaupte lediglich, daß die Rechtsprechung im Wege der Schätzung nach § 287 Abs. 2 ZPO die Hälfte aller Folgeverträge als ausgleichsrechtlich zu berücksichtigen anerkenne. Darüber hinaus habe die Beklagte die vom Kläger angeführten Folgeverträge aus der von ihm vorgelegten Anlage K8 ... überprüft und festgestellt, daß von diesen nur 7,5 % ausgleichspflichtig seien. Im übrigen habe der Kläger sogenanntes "Vertragsrecycling" betrieben. Desweiteren müsse sich der Kläger die Leistungen zur Altersversorgung der Beklagten gemäß § 13 Ziffer 6 des Handelsvertretervertrages auf den Ausgleichsanspruch anrechnen lassen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist nicht begründet.

Dem Kläger steht ein Handelsvertreterausgleichsanspruch nach § 89 b Abs. 1 Satz 1 HGB nicht zu. Der Kläger hat den Handelsvertretervertrag mit der Beklagten vom 24. Oktober 1995 durch seine Erklärung vom 11. Februar 1999 gekündigt. Nach § 89 b Abs. 3 Nr. 1 HGB besteht ein Handelsvertreterausgleichsanspruch in den Fällen der Eigenkündigung des Handelsvertreters im Regelfall nicht. Der Kläger hat keine ausreichenden Tatsachen dafür vorgetragen, das die Beklagte ihm zuvor begründeten Anlaß für seine Kündigung gegeben hatte.

1. Der Kläger sieht den begründeten Anlaß für seine, seinen Ausgleichsanspruch erhaltende Kündigung vom 11. Februar 1999 darin, daß die Beklagte mit Wirkung zum 1. September 1998 eigenmächtig einen ihm zugewiesenen bestimmten Bezirk (statistisches Werbegebiet) verändert - verkleinert - und ihm dadurch einen ihm zugewiesenen bestimmten Kundenkreis verringert habe.

Der Kläger stützt diese Behauptung allein auf die für sich betrachtet unstreitige Tatsache, daß in der ihm eröffneten Provisionsabrechnung für den Monat September 1998 die Zahl "2157" als "Jahresanfangsbestand 1998" enthalten ist, während als "Jahresanfangsbestand 1998" in der Provisionsabrechnung für den Monat August 1998 noch die Zahl "2285" angegeben war.

Trotz ausdrücklichen Hinweises der Kammer in der mündlichen Verhandlung am 20. Dezember 2000, daß dieser Sachvortrag als nicht ausreichend gewertet werden könnte, und trotz einer ihm gegen den Protest der Beklagten daraufhin eingeräumten Erklärungsfrist von fast sieben Wochen, ist der Kläger mit keinem ergänzenden Sachvortrag hervorgetreten. Der Kläger hat es auch unterlassen, den Hinweis der Kammer aufzunehmen und in der ihm dazu eingeräumten Gelegenheit umzusetzen, die Tatsachen zu konkretisieren, aus denen sich sein Exklusivrecht "an bzw. auf bestimmte Kunden in einem bestimmten Gebiet" ergeben soll.

a. Nach dem Gesetz ist ein Gebietsschutz für Versicherungsvertreter und Bausparkassenvertreter, dem primären Tätigkeitskreis des Klägers für die Beklagte, ausgeschlossen (§ 87 Abs. 2 i. V. m. § 92 Abs. 3 Satz 2, 92 Abs. 5 HGB). Dies schließt abweichende vertragliche Vereinbarungen zugunsten des Handelsvertreters nicht aus. Als Ausnahme von der gesetzlichen Regelung bedarf eine abweichende Vereinbarung jedoch eines ausdrücklichen konkret feststellbaren Inhalts.

§ 3 des Handelsvertretervertrages zwischen den Parteien vom 24. Oktober 1995 enthält eine der gesetzlichen Regelung des § 87 Abs. 2 HGB entsprechende Bindungswirkung nicht. Während das Gesetz bestimmt, daß bei einer Gebiets- oder Kundenzuordnung sämtliche in diesem Gebiet oder mit diesen Kunden geschlossene Geschäfte des Unternehmers für den Handelsvertreter selbst dann provisionsfähig sind, wenn die Anbahnung und Vermittlung der Geschäfte nicht von ihm, dem Handelsvertreter, selbst vorgenommen wurde, fehlt eine solche Provisionsfolgeregelung im Handelsvertretervertrag zwischen den Parteien. Dort wird dem Handelsvertreter lediglich ein bestimmtes Werbegebiet zugeordnet (§ 3 Nr. 1 Satz 1 des Vertrages) und zugleich festgelegt, daß es - von bestimmten Ausnahmen abgesehen - dem Handelsvertreter untersagt ist, in den Werbegebieten anderer Handelsvertreter provisionspflichtige Geschäfte anzubahnen und zu vermitteln. Die die Provisionspflicht begründende Provisionsfolgeregelung des Gesetzes fehlt im Handelsvertretervertrag zwischen den Parteien. Sie läßt sich auch nicht - im Umkehrschluß - in den Vertrag zwischen den Parteien einbeziehen. Denn die vertraglich vereinbarte Unterlassungspflicht eines Handelsvertreters, in fremden Gebieten werbend tätig zu werden, ist etwas grundlegend anderes als die Provisionspflicht des Unternehmers für Geschäfte in einem bestimmten Gebiet oder mit bestimmten Kunden auch ohne eigene Leistung des Handelsvertreters.

Die Frage der rechtlichen Wirksamkeit der Regelung in § 3 des Handelsvertretervertrages vom 24. Oktober 1995 im Lichte des Gesetzes über die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (§ 9 Abs. 1) stellt sich schon deshalb nicht, weil die Vertragsregelung im Handelsvertretervertrag vom 24. Oktober 1995 über den Normstandard des Gesetzes hinausgeht, freilich den Standard des § 87 Abs. 2 HGB nicht erreicht, der aber im Bausparkassen- und Lebensversicherungsgeschäft gerade nicht besteht.

b. Ein gesteigerter Gebiets- und/oder Kundenschutz ist dem Kläger auch durch die Erklärung der Beklagten in deren Schreiben vom 17. August 1990 nicht eingeräumt worden.

Es ist schon zweifelhaft, ob die dort gegebene Zusage der Beklagten im Rechtsverhältnis der Parteien dieses Rechtsstreits überhaupt noch rechtliche Bedeutung hat, nachdem zeitlich nach dem 17. August 1990, nämlich am 24. Oktober 1995, das Rechtsverhältnis zwischen ihnen auf eine neue Grundlage gestellt worden ist, ohne daß eine der Zusage vom 17. August 1990 vergleichbare Gebiets- oder Kundenschutzvereinbarung in den Vertrag aufgenommen wurde oder der Inhalt des Schreibens vom 17. August 1990 - etwa durch Bezugnahme - auch zur Grundlage des neuen (Folge-)Vertrages gemacht worden ist. Die im Schreiben vom 17. August 1990 genannte zeitliche Grenze - "bis zum Ende Ihres BL-Vertrages" - knüpft jedenfalls nach ihrem Wortlaut an das Bestehen und den Fortbestand der am 17. August 1990 bestehenden Verträge - nicht der Handelsvertreterverhältnisse an. Der Handelsvertretervertrag zwischen den Parteien vom 24. Oktober 1995 ist aber nach seinem Wortlaut nicht die Fortsetzung des Handelsvertretervertrages vom 28. Juli 1986, sondern ein neuer, selbständiger Handelsvertretervertrag.

Da sich der Kläger für die von ihm beanspruchte Rechtsposition nicht nur auf eine ihm günstige Abweichung von der gesetzlichen Regelung (§§ 87 Abs. 2, 92 Abs. 3 Satz 1, 92 Abs. 5 HGB), sondern zusätzlich auf eine andere rechtsgeschäftlich begründete Grundlage über den Handelsvertretervertrag vom 24. Oktober 1995 hinaus beruft, war und ist es seine Obliegenheit, die tatsächlichen und rechtlichen Grundlagen dafür aufzuzeigen und konkret anzuführen. Das hat der Kläger nicht getan, obwohl er darauf hingewiesen und ihm Gelegenheit zu ergänzendem Sachvortrag gegeben worden ist.

Abgesehen davon ergibt sich aus dem Inhalt des Schreibens der Beklagten vom 17. August 1990 nicht die rechtliche Verknüpfung zwischen dem Gebiets- bzw. Kundenschutz einerseits und der Begründung eines Provisionsanspruches auch für Fremdgeschäfte, der der gesetzlichen Regelung nach §§ 87 Abs. 2 HGB gerade die besondere Schutzwirkung für den begünstigten Handelsvertreter gibt.

c. Der Kläger hat es trotz ausdrücklichen Hinweises der Kammer und effektiver Gelegenheit zur Ergänzung seines Sachvortrages auch unterlassen, die genauen Einzelheiten vorzutragen, die dem Sachverhaltskomplex "Entzug von 128 Bausparern" zugrundeliegen.

Der Kläger hat nicht nur davon abgesehen, die Namen der ihm angeblich von der Beklagten eigenmächtig entzogenen Kunden anzugeben oder jedenfalls die Individualisierung dieser Kunden nach allgemeinen Kriterien möglich zu machen. Der Kläger hat sich auch nicht mit der gedanklich und rechtlich vorrangigen Frage auseinander gesetzt, woraus sich ergibt, daß ihm an diesem Kunden - N. N. - ein exklusives Vermittlungsrecht zustehen soll. Bei dieser Gelegenheit hätte der Kläger sich mit der Behauptung der Beklagten auseinandersetzen müssen, daß die im August/September 1998 von der Beklagten vorgenommene Veränderung im statistischen Werbegebiet des Klägers, ein Begriff, der nicht vom Kläger erklärt worden ist, nur der Korrektur eines Versehens diente, das sich zuvor unbemerkt eingeschlichen hatte. Es wäre auch Sache des Klägers gewesen, die Einzelheiten konkret anzugeben, die zu Veränderungen im Kundenzahlbestand aus Anlaß von sogenannten Zu- und Abgängen führen können.

Der Kläger übersieht, daß die Veränderung einer reinen Mengenzahl in den ihm zugeleiteten Provisionsabrechnungen - auch wenn sie, wie hier, unstreitig ist - für sich betrachtet ohne jegliche Aussagekraft bleibt. Der Kläger trägt bei seinem Sachvortragsverhalten dem Umstand nicht ausreichend Rechnung, daß er es ist, der sich auf Ausnahmen von Grundsätzen beruft, nämlich:

- der Ausnahme vom Grundsatz, daß ein Ausgleichsanspruch bei Eigenkündigungen nicht besteht,
- der Ausnahme vom Grundsatz, daß bei Bausparkassen- und Lebensversicherungsvertretern ein Gebiets- oder Kundenschutz nicht besteht und
- der Pflicht jeder klagenden Partei zur Darstellung der tatsächlichen Voraussetzungen, aus denen sich ein unfaires Handeln des Vertragspartners, das Grundlage für einen gegen diesen gerichteten Anspruch sein soll, ergibt.

2. Selbst wenn man zugunsten des Klägers einen ausreichend gehaltenen Sachvortrag und ein einseitiges Veränderungshandeln der Beklagten unterstellte, so läßt sich nach dem bisherigen Sachstand darin ein kündigungsrechtfertigendes Handeln der Beklagten nicht erkennen.

Denn es ist zwischen den Parteien unstreitig, daß von den dem Kläger vermeintlich entzogenen Bausparkunden nur ein Kunde einen Vertrag ohne Beteiligung des Klägers geschlossen hat. Aus dem eigenen Kündigungsschreiben des Klägers ergibt sich, daß die Beklagte ihm am 28. oder 29. Januar 1999 die Rückgängigmachung der Veränderung des Werbegebietes angeboten hat. Die von der Beklagten dazu angeblich ihm, dem Kläger, gesetzte Frist war möglicherweise etwas kurz bemessen. Wenn der Kläger jedoch wirklich und ernstlich die Fortsetzung des Handelsvertreterverhältnisses zur Beklagten gewollt und angestrebt hätte, hätte er das Angebot der Beklagten bis zum 11. Februar 1999 unter Protest gegen die vermeintlich zu kurze Fristsetzung annehmen können. Nachdem die Beklagte dem Kläger in ihrem Schreiben vom 19. Februar 1999 ihr Angebot - unter abweichender Darstellung der Telefongespräche am 28./29. Januar 1999 - auf Rückgängigmachung der Veränderung und Schadlosstellung des Klägers wiederholt hatte, hätte dieser - wenn er tatsächlich Handelsvertreter der Beklagten hätte bleiben wollen - sofort mit der Beklagten in Verhandlung über die Rücknahme seiner Kündigung vom 11. Februar 1999 eintreten können und müssen. Daß der Kläger alles dies nicht getan hat, spricht dafür, daß die Deutung der Beklagten zutrifft, der Kläger habe Anfang 1999 wegen eines anderweitigen beruflichen Engagements lediglich den möglichst günstigsten Ausstieg aus dem Rechtsverhältnis zur Beklagten gesucht. Diese Entscheidung stand dem Kläger im Rahmen und auf der Grundlage des Handelsvertretervertrages vom 24. Oktober 1995 frei. Freilich riskierte der Kläger dabei seine nachvertraglichen Kompensationsansprüche gegen die Beklagte. Diese gesetzliche Folge ist eingetreten, nachdem der Kläger das Vertragsverhältnis zur Beklagten aufgrund eigener Entscheidung beendet hat.

3. Weil der Kläger unterliegt, hat er die Kosten des Rechtsstreits zu tragen (§ 91 Abs. 1 ZPO).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung folgt aus § 709 Satz 1 ZPO.

RechtsgebietHandelsvertreterrecht: AusgleichsanspruchVorschriften§ 87; 89b, Absatz 1, 3 HGB, 92 HGB

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