Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) wird Handhabung der neuen Dokumentationspflichten überprüfen

12.02.2010 Am 5. August 2009 ist das „Gesetz zur Neuregelung der Rechtsverhältnisse bei Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen und zur verbesserten Durchsetzbarkeit von Ansprüchen von Anlegern aus FaIschberatung“ in Kraft getreten. Dadurch hat sich die Rechtslage sich wesentlich zu Gunsten von Anlegern verändert.

Dokumentationspflicht

Mit dem Gesetz wurde u. a. eine neue Dokumentationspflicht für Anlageberatungen eingeführt. Diese gilt seit Anfang dieses Jahres. Wertpapierdienstleistungsunternehmen müssen nun dem Anleger ein schriftliches Protokoll über jede Anlageberatung aushändigen. Falls das Protokoll nicht vor Abschluss des auf der Beratung beruhenden Geschäfts ausgehändigt werden kann, beispielsweise in Fällen telefonischer Anlageberatung, hat der Kunde bei einem unvollständigen oder unrichtigen Protokoll ein einwöchiges Rücktrittsrecht. Die neue Dokumentationspflicht soll die inhaltliche Qualität der Anlageberatung verbessern.

Missverständnisse zwischen Berater und Kunde sollen so schneller als bisher aufdeckt und mögliche Mängel für die Aufsichtsbehörde leichter erkennbar gemacht werden. Darüber hinaus soll der Anleger im Streitfall den Inhalt des Beratungsgespräches künftig besser nachweisen können.

Inhaltliche Anforderungen

Die inhaltlichen Anforderungen an das Beratungsprotokoll werden in der Rechtsverordnung zum Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) konkretisiert. Da nach muss das Protokoll vollständige Angaben enthalten über:

1. den Anlass der Anlageberatung,
2. die Dauer des Beratungsgesprächs,
3. die der Beratung zugrunde liegenden Informationen über
a. die persönliche Situation des Kunden, insbesondere
aa. Kenntnisse und Erfahrungen des Kunden in Bezug auf Geschäfte mit bestimmten
Arten von Finanzinstrumenten oder Wertpapierdienstleistungen,
bb. Anlageziele,
cc. finanzielle Verhältnisse,
b. sowie über die Finanzinstrumente und Wertpapierdienstleistungen, die Gegenstand der Anlageberatung sind,
4. die vom Kunden im Zusammenhang mit der Anlageberatung geäußerten wesentlichen Anliegen und deren Gewichtung und
5. die im Verlauf des Beratungsgesprächs erteilten Empfehlungen und die für diese Empfehlungen genannten wesentlichen Gründe.

Anlass und Verlauf

Mit dem Beratungsprotokoll soll künftig Anlass und Verlauf der Anlageberatung transparenter gemacht werden. Es soll zeigen, an welche Kunden ein Institut von sich aus mit bestimmten Anlagevorschlägen herantritt. Hatte der Kunde zunächst ein Wertpapier oder eine Risikoklasse im Blick und entscheidet sich dieser dann aber als Ergebnis des Beratungsgesprächs für ein anderes, von seinem Berater empfohlenes Finanzinstrument, soll dies aus dem Beratungsprotokoll deutlich hervorgehen.

Kunden sollen genau nachfragen

Die neuen Vorschriften können ihr Ziel nach Ansicht der BaFin aber nur dann erreichen, wenn auch die Anleger selbst sorgfältiger als bisher ihre Interessen wahrnehmen. Deshalb sollten Kunden genau nachfragen, warum der Berater ein bestimmtes Wertpapier empfiehlt und welche Erwartungen über die Marktentwicklung der Empfehlung zugrunde liegen. Denn der Kunde trage grundsätzlich allein das Risiko, dass sein Berater mit seiner Prognose falsch liegt. Deshalb sollte sich der Anleger auch vergewissern, dass er und sein Berater das gleiche Verständnis von Begriffen wie "sicherheitsorientiert" oder "Altersvorsorge" haben. Ein besonderes Augenmerk sollte der Anleger auch darauf legen, dass die Argumente, mit denen ihm sein Berater die empfohlene Anlage schmackhaft macht, vollständig in das Beratungsprotokoll aufgenommen werden. Betone der Berater etwa die besondere Sicherheit einer Anlage, besondere steuerliche Vorteile oder die gute Wertentwicklung in der Vergangenheit, so seien gerade auch diese Verkaufsargumente als für die Empfehlung genannte wesentliche Gründe im Protokoll festzuhalten.

Markterhebung zum Beratungsprotokoll

Die BaFin hat eine Markterhebung darüber begonnen, wie die Vorschriften zur Dokumentation der gegenüber Privatkunden erbrachten Anlageberatung (Beratungsprotokoll) umgesetzt werden. Die Ergebnisse wird die BaFin voraussichtlich im April 2010 vorstellen. Im ersten Schritt hat die BaFin einen Fragebogen an ausgewählte Banken, Sparkassen und Finanzdienstleistungsinstitute versandt. Mit der Abfrage will die BaFin feststellen, in welchem Ausmaß die Institute von den neuen Vorschriften betroffen sind und ob die Institute ihr Geschäftsmodell bereits geändert haben oder zu ändern beabsichtigen.

Stichproben durch die BaFin

In einem zweiten Schritt wird die BaFin dann zu einzelnen Geschäften, die im Januar getätigt worden sind, das Beratungsprotokoll anfordern. Die BaFin hat angekündigt, sich in den kommenden Monaten durch Stichproben einen Überblick darüber verschaffen, ob die Kreditinstitute und Finanzdienstleistungsunternehmen die neue Dokumentationspflicht umgesetzt haben. Auch Hinweise von Anlegern über Probleme bei der Protokollierung der Anlageberatung will die BaFin entgegen nehmen. Die BaFin werde kritisch nachfassen, was in einem Beratungsprotokoll z. B. unter der Rubrik „Empfehlung und wesentliche Gründe“ ausgeführt wird. Dass ein Finanzinstrument deshalb empfohlen wurde, weil es für den Kunden "geeignet" sei, der Kunde mit seinen Kenntnissen und Erfahrungen die aus dem Geschäft erwachsenen Anlagerisiken verstehen könne und diese Risiken für den Kunden seinen Anlagezielen entsprechend finanziell tragbar seien, sei eine ungenügende Angabe. Dies sage nichts über den konkreten Inhalt des Beratungsgesprächs aus. Zudem sei ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen schon von Gesetzes wegen gehalten, dem Kunden nur solche Empfehlungen zu erteilen, die im Sinne des WertpapierhandeIsgesetzes "geeignet" sind. Die BaFin will sich zudem die Unterlagen vorlegen lassen, die verwendet worden sind, um die Mitarbeiter zu schulen.