– worauf die Vertriebsgesellschaft achten muss
22.09.2010 Der Horror für jeden Vertriebsleiter: Er haftet persönlich gegenüber einem Anleger für Aussagen, die von ihm in einer Vertriebs- oder Produktschulung gemacht wurden. Dabei stellt sich die Frage, ob jemand überhaupt in die Haftung genommen werden kann, der den Anleger gar nicht direkt beraten hat?Ja, lautet die Antwort wie eine steigende Zahl von Gerichtsurteilen zeigt. Aber letztlich lässt sich eine solche Haftung auch verhindern.
Ein aktuelles Urteil stammt vom Oberlandesgericht Hamm (Urteil vom 25.02.2010 – Aktenzeichen 28 U 78/09). Das Gericht verurteilte einen geschäftsführenden Vertriebschef auf Schadensersatz. Dieser hatte den Kunden zwar nicht selber beraten, aber die Vermittler geschult, die die Kapitalanlage dann vermittelten. Der Vertriebschef stellte den Vermittlern in der Schulung eine atypisch stille Beteiligung als Kapitalanlage vor. Grundlage war der Emissionsprospekt. Das war aber nicht genug wie das Gericht urteilte. Denn dem Vertriebschef waren weitere Risiken bekannt, die nicht im Prospekt auftauchten. Diese mitzuteilen hatte der Vertriebschef versäumt. Damit hat er sich gegenüber den Anlegern wegen einer sittenwidrige vorsätzliche Schädigung (§ 826 BGB) schadensersatzpflichtig gemacht. Ihm oblag es die Vermittler so zu schulen, dass diese die Anleger anleger- und objektgerecht beraten können. Unterlässt der Vertriebschef Hinweise auf ihm bekannte, aber nicht im Prospekt enthaltene Risiken, so riskiere er sehenden Auges Pflichtverletzungen gegenüber zahlreichen Anlegern. Ergo treffen Vertriebsleiter auch Aufklärungspflichten, zwar nicht gegenüber dem Kunden, aber gegenüber seinen Mitarbeitern.
Praxistipp
„Damit steigt das Risiko von Vertriebsleitern, für unvollständige Produktschulungen von Anlegern persönlich in die Haftung genommen zu werden“, kommentiert Rechtsanwalt Oliver Korn von der GPC Law Rechtsanwaltsgesellschaft mbH. Dieses Haftungsrisiko lässt sich allerdings eindämmen. „Vertriebsleiter sollten darauf achten, alle bekannten Risiken in der Schulung anzusprechen. Damit nichts vergessen wird, sollte man eine vorbereitete Schulungsunterlage dafür nutzen und kontrollieren, ob alle Punkte angesprochen wurden. Diese Schulungsunterlagen und Präsentationen sollten für eine eventuelle spätere Darlegung aufbewahrt werden. So kann man nachweisen, dass man der Aufklärungspflicht nachgekommen ist sowie Vorwürfen wie „Verharmlosung“ oder „vertriebsgesteuertes Weglassen von Informationen“ wirksam begegnen“, so Rechtsanwalt Korn.