Wissentliche Pflichtverletzung oder: der Versicherungsmakler ohne Versicherungsschutz

02.11.2012 Der Versicherungsschutz der Vermögensschadenshaftpflichtversicherung (VSH) eines Versicherungsmaklers deckt maximal Schäden aus grob fahrlässigen Pflichtverletzungen ab. Wie schnell ein Makler diese Grenze überschritten hat und wie er sich dennoch vor einer persönlichen Haftung schützen kann, darüber unterhielten sich Rechtsanwalt Oliver Korn von der auf Finanzdienstleister spezialisierten Rechtsanwaltsgesellschaft GPC Law und Versicherungsmakler Sven Ratzke von der Ratzke & Ratzke Versicherungsmakler GmbH, die sich auf die Vermittlung von Vermögensschadenhaftpflichtversicherungen spezialisiert hat.
RA Korn: „Manchmal habe ich den Eindruck, dass sich Versicherungsmakler mehr Gedanken über die Absicherung ihrer Kunden als ihre eigenen Versicherungsangelegenheiten machen. Alle Versicherungsmakler müssen ja eine Vermögensschadenshaftpflichtversicherung haben. Dennoch scheinen sich aber die Wenigsten über die Ausgestaltung und die Deckung ihrer eigenen Versicherung Gedanken zu machen.“

VM Ratzke: „Diese Beobachtung kann ich leider nur bestätigen. Dabei ist VSH nicht gleich VSH. Das sollte ein Versicherungsmakler eigentlich wissen. Aber auch hier gilt inzwischen: Die Vermögensschadenshaftpflichtversicherung ist ein weites Feld und den Überblick behält man schwer. Dies ist auch ein Grund dafür, warum wir uns auf diese Thematik fokussiert haben.“

RA Korn: „Nach meiner Erfahrung überrascht es so manchen Versicherungsmakler, aber auch andere Finanzberater, was alles schon zu einer Haftung führen kann. Sofern dann die eigene VSH einspringt, dann ist ja alles schön und gut. Allerdings reicht der Versicherungsschutz nur bis zur „groben Fahrlässigkeit“, dann ist Schluss.“

VM Ratzke: „Genau. Der Versicherungsschutz bezieht sich nicht auf Ansprüche wegen vorsätzlicher Schadensverursachung oder wegen Schäden durch wissentliches Abweichen von Gesetz, Vorschrift, Anweisung oder Bedingung des Machtgebers (Berechtigten) oder durch sonstige wissentliche Pflichtverletzung. Kann der Versicherer bei einem Verstoß nachweisen, dass dieser wissentlich geschah, dann lehnt er den Schaden unter Verweis auf die Allgemeinen Versicherungsbedingungen schlicht ab. Der Versicherungsmakler als Versicherungsnehmer muss sich allein und auf eigene Kosten mit den Ansprüchen und der Begleichung des Schadens auseinandersetzen.“

RA Korn: „Ärgerliches Ergebnis, kann ich nur sagen. Wenn ich Vorsatz mal außer Acht lasse, stelle ich aber in Gesprächen mit Mandanten immer wieder fest, dass eine „wissentliche Pflichtverletzung“ schneller geschieht, als manch einer denken mag. Ein praktisches Beispiel: ein Versicherungsmakler berichtet mir, dass er von einem Kunden in die Haftung genommen werde, weil er eine Schadensanzeige nicht rechtzeitig beim Versicherer eingereicht habe. Ein anderer Makler soll seinen Kunden nicht ordnungsgemäß über alle Risiken bzw. Ausschlüsse aufgeklärt haben und wird daher in Anspruch genommen. Beiden Fällen ist gemeinsam, dass sich beide Makler mit stressbedingter Arbeitsüberlastung entschuldigen.“

VM Ratzke: „Solche Fälle treten häufig im Rahmen des Jahresendgeschäfts auf. Alles muss dann schnell gehen. Und plötzlich wird etwas vergessen, sei es vom Makler selbst oder von seinen Mitarbeitern. Und die Versicherer werten diese Fälle schnell als „wissentliche Pflichtverletzung“. Die gerichtliche Abwehr wird von den meisten Versicherern noch begleitet, doch sofern festgestellt wird, dass es eine wissentliche Pflichtverletzung war, muss der Makler die verauslagten Kosten an seinen Versicherer erstatten und die Schadenersatzforderung selbst begleichen.

RA Korn: “Sehr problematisch.“ Für wissentliche Pflichtverletzung gibt es zwei Voraussetzungen:
• die versicherte Person muss positive Kenntnis von der Pflicht, den gesetzlichen Normen oder auch den Weisungen des Mandanten haben und
• die Person muss sich bewusst sein, dass sie pflichtwidrig handelt.
Und der Nachweis, dass die versicherte Person ihre Pflichten kannte und dass sie bewusst dagegen verstoßen hat, ist m.E. oft auch nicht so schwer zu führen. Der Makler weiß, wann er einen Schaden melden muss und er weiß, dass er über Ausschlüsse aufklären muss. Und wenn er die Pflichten wegen einer Überlastung nicht einhält, nimmt er also die Pflichtverletzung wissentlich hin. Die Grenze zur groben Fahrlässigkeit ist sicher fließend, aber es ist ärgerlich, wenn ein Gericht zulasten des Maklers eine wissentliche Pflichtverletzung bejaht.“

VM Ratzke: „Dieses Risiko kann man sicher nicht völlig ausschließen. Ein Versicherungsmakler kann aber seinen Versicherungsschutz in diesem Punkt verbessern.“

RA Korn: „Wie soll das gehen?“

VM Ratzke: „Der Versicherungsmakler kann seinen Versicherungsschutz erweitern. Als Einzige am Markt können wir ihm dazu die Klausel „wissentliche Pflichtverletzung“ als Deckungserweiterung anbieten. Die Klausel ergänzt die Versicherungsbedingungen der VSH in der Weise, dass auch für die rechtskräftige Feststellung eines Verstoßes „durch wissentliches oder bedingt vorsätzliches Abweichen“ von Gesetzen, Vorschriften etc. Deckung gewährt wird. Einfach gesagt: Was das Bedingungswerk bei der Standard-Deckung ausschließt, nimmt diese Klausel wieder mit in die Deckung hinein: wissentliche Pflichtverletzung und bedingten Vorsatz. Allerdings gibt es zwei Einschränkungen:
  • im Fall wissentlicher Pflichtverletzung ist die Versicherungssumme auf € 50.000,- begrenzt und
  • für vorsätzliche Handlungen mit Bereicherungsabsicht besteht kein Versicherungsschutz.“

RA Korn: „Auf diese Weise kann ein Versicherungsmakler das Risiko seiner persönlichen Haftung noch einmal reduzieren. Gilt dies auch für Kapitalanlagenvermittler? Die gewerblichen Kapitalanlagenvermittler müssen ab 2013 ja auch eine VSH als Pflichtversicherung besitzen.“

VM Ratzke: „Ja, für die Kapitalanlagenvermittler können wir die Klausel „wissentliche Pflichtverletzung“ auch realisieren. In diesem Bereich dürfte sie auch eine erhöhte Relevanz bekommen. Vielen ist nicht klar, dass das Handeln von Untervermittlern dem Obervermittler oftmals zugerechnet werden kann. Und wenn der Untervermittler z.B. den Erlaubnisrahmen nicht eingehalten hat, begeht er eine wissentliche Pflichtverletzung, die dem Obervermittler – der davon gar nichts wusste – zugerechnet wird.“

RA Korn: „Ist der Vermittler mit seiner VSH plus der Klausel „wissentliche Pflichtverletzung“ dann optimal versichert?“

VM Ratzke: „Soweit es die Haftpflicht angeht, ist es das Beste, was heute auf dem Markt zu haben ist. Jenseits der wissentlichen Pflichtverletzung, also bei Vorwürfen, die den Staatsanwalt auf den Plan rufen, braucht der Vermittler eine Straf-Rechtsschutz-Versicherung. Die tritt zwar nicht für einen möglichen Schadensanspruch ein, aber sie sorgt für „Waffengleichheit“ vor Gericht, wenn es um die Frage geht, ob die Schwere des Vorwurfs – z.B. Urkundenfälschung, weil der Vermittler angeblich ein Dokument manipuliert habe –  überhaupt gegeben ist. Wenn man sich vor Gericht erfolgreich verteidigen kann und festgestellt wird, dass es „nur“ grobe Fahrlässigkeit war, bleibt zwar noch der Schaden, aber für den ist dann die VSH zuständig. Deshalb empfehlen wir unseren Kollegen den speziell für ihre Risiken konzipierten Straf-Rechtsschutz als weitere sinnvolle Ergänzung ihrer Pflichtversicherung.“

RA Korn: „Herr Ratzke, ich danke Ihnen für das Gespräch.“

VM Ratzke: „Gern geschehen.“
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Autor
RA Oliver Korn

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