Haftung des Versicherers für Beratungsfehler von Versicherungsmaklern

11.04.2013 Versicherungsnehmer können in bestimmten Fällen Schadensersatzansprüche geltend machen.
Ein Versicherer kann auch für vorvertragliche Auskünfte von Versicherungsmaklern haftbar sein. Denn Versicherungsmakler können als dessen Hilfspersonen zu betrachten sein, deren Verhalten sich dieser somit zurechnen lassen muss (§ 278 BGB). Dies gilt dann, wenn der Versicherer die Aufklärung der Versicherungsnehmer selbständigen Versicherungsmaklern überlässt und diese somit mit dessen Wissen und Wollen in seinem Pflichtenkreis tätig werden. Das ist insbesondere der Fall, wenn ein ausländischer Versicherer in Deutschland kein eigenes Vertriebssystem unterhält.

Dies hat das Oberlandesgericht (OLG) München jüngst in einer Entscheidung (Beschluss vom 27.06.2012 – Aktenzeichen: 14 U 4368/11) festgestellt. Das Verfahren bezog sich auf eine fondsgebundene Lebensversicherung bei einem liechtensteinischen Versicherer.

„Zwar bestehen nach dem Versicherungsvertragsgesetz (VVG) grundsätzlich keine Beratungspflichten für den Versicherer, wenn der Versicherungsvertrag von einem Versicherungsmakler vermittelt wurde (§ 6 Abs. 6 VVG)“, so Rechtsanwalt Dietmar Goerz von der auf Finanzdienstleister spezialisierten Kanzlei GPC Law. Dies bedeutet aber nicht, so das OLG München, dass damit sämtliche Beratungspflichten wegfallen.

Für die Haftung des Versicherers für vorvertragliche Auskünfte von Versicherungsmaklern kann u.a. die Gestaltung der Antragsformulare maßgeblich sein, die dieser den Versicherungsmaklern zur Verfügung stellt. Zur Haftung kann es u. a. kommen, wenn sich die Versicherungsmakler bei der Vermittlung des Versicherungsvertrages auf dem Formblatt des Versicherers dem Kunden gegenüber als dessen Vermittler ausgeben und dies auch so vorgesehen ist. Dasselbe gilt, wenn der Versicherungsmakler nach dem Inhalt des Formulars beim Abschluss einer Lebensversicherung die Pflicht des Versicherers zur Identitätsprüfung übernimmt.

Daneben kann für die Versicherung auch eine eigene Aufklärungspflicht gegenüber den Kunden bestehen. Dies ist dann der Fall, wenn für den Versicherungsnehmer trotz der vorangegangenen Beratung durch einen Versicherungsmakler Aufklärungsbedarf bestand. Davon ist auszugehen, wenn für den Versicherer bei Eingang des Antrags erkennbar ist, dass der Versicherungsnehmer entweder vom Versicherungsmakler nicht zutreffend über das Produkt aufgeklärt wurde, oder er die Aufklärung des Versicherungsmaklers nicht richtig verstanden hat. Beispielsweise kann bei einer fondsgebundenen Lebensversicherung hinsichtlich der Investmentfonds, in die die Versicherungsprämien eingelegt werden sollen, Aufklärungs- und Beratungsbedarf bestehen. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Produktbeschreibung im Antragsformular schwer verständlich und verwirrend ist.

Die Vorinstanz, das Landgericht Kempten (Allgäu), hat der Klage des Versicherungsnehmers gegen das Versicherungsunternehmen in vollem Umfang stattgegeben und diese verurteilt, an den Kunden die Beiträge zurückzahlen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung dagegen u.a. mangels Aussicht auf Erfolg zurückgewiesen. Rechtsanwalt Dietmar Goerz „Die Entscheidung eröffnet nicht nur die Möglichkeit für einen Schadensersatzanspruch des Versicherungsnehmers. Der Kunde könnte sich damit auch gegen ein eventuelles Inkasso der Vertriebskosten aus Honorarvereinbarung zur Wehr setzen.“
Autor
RA Dietmar Goerz

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